Doppelte Flächennutzung - VitiVoltaic - 3

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    © Steffen Böttcher
    Hochschule Geisenheim University Doppelte Flächennutzung - VitiVoltaic

    In den Städten führt die doppelte Nutzung von Fläche als Dach mit darüber liegenden Solar-Panels zu wenig Konflikten, da diese Dächer keine anderen Nutzung zugeführt werden könnten. Eine andere, sehr sinnvolle Installation wäre die Überdachung von Parkplätzen oder anderen Räumen, in denen eine Verschattung gewünscht ist, wie Terrassen oder Carports.

    Auf dem Land sieht das Ganze etwas anders aus, denn hier entsteht mitunter ein Flächenkonflikt zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Solar-Energiegewinnung. Beides miteinander kombinieren? Das geht. Zumindest will das eine Forschergruppe der Hochschule Geisenheim genauer untersuchen - und zwar im Weinanbau.

    Weinberge gelten mitunter als der Inbegriff des deutschen Idylls. Passen Winzerei und Photovoltaik denn überhaupt zusammen? Wenn es nach der Forschergruppe der Hochschule Geisenheim geht, dann unbedingt, denn hier denkt man die Solar-Paneele nicht nur als Energiegewinnungssysteme, sondern auch als Schutz der Reben vor Starkregenereignissen und zu viel Sonne.

    Nach einigen behördlich-rechtlichen Anlaufschwierigkeiten freuen wir uns nun endlich darüber, dass das Projekt Fahrt aufgenommen hat, klärt uns Frau Prof. Dr. Claudia Kammann und die Doktorandin Lucía Garstka auf. Behördliche Anlaufschwierigkeiten? Eine Doppelnutzung von Fläche als Agrarland und zur Energiegewinnung war auch für die zuständigen Genehmigungsinstitutionen für eine Flächennutzungsplan-Änderung neu und musste erst ausgiebig geprüft werden. “Nur weil eine solche Doppelnutzung klug und fortschrittlich klingt, klatschen ja nicht gleich alle in die Hände und reißen die Türen weit auf.” Jede Menge Anträge und Erklärungen waren nötig, doch nun sind all diese Startschwierigkeiten überwunden.

    Was sind denn die weiteren Vorteile einer solchen Konstruktion? „Wir möchten hier erforschen, ob wir die Kulturführung, die Klimaanpassung und die Nachhaltigkeit des Weinbaus durch Photovoltaik fördern können“, erklärt uns Prof. Kammann. Denn der Klimawandel beeinflusst natürlich auch den Weinbau: Trockenperioden, Starkregenereignisse, zu frühe Austriebe und später Frost hohe Mostgewichte und niedrige Säurewerte – diese Probleme werden in Zukunft zunehmen. Die Überdachung durch die innovativen und lichtdurchlässigen PV-Module könnte die Reben vor all dem schützen. Eine Bewässerungsanlage sorgt für Feuchtigkeit im Sommer, Heizdrähte für Schutz vor Spätfrost.

    Aber würden solche Anlagen gerade im Rheingau das Landschaftsbild nicht komplett zerstören? Die Skepsis vieler Winzer hierzu müsste doch riesig sein. Lucía ist da sehr optimistisch. „Mich haben schon viele Winzer sehr neugierig angefragt und wollten wissen, wie das funktioniert.“ Prof. Kammann kann dies bestätigen: „Für eine Abschlussarbeit am Institut für Landschaftsplanung und Naturschutz wurde unter der Leitung des Kollegen Jedicke diesbezüglich eine Umfrage durchgeführt, und die Ergebnisse waren erstaunlich positiv.“ Außerdem soll ja auch nicht der gesamte Weinberg überdacht werden. Neben den ökologischen und ökonomischen Vorteilen bietet eine solche Agri-PV-Anlage auch ganz praktische Vorteile: „Wir haben an unserer Versuchs-Solar-Anlage auch eine Ladestation für E-Autos bei nahe gelegenen Parkplätzen installiert“, sagt die Wissenschaftlerin. „An solchen Stationen könnte der Winzer später einfach sein E-Auto aufladen, während er hier arbeitet.“ Auch elektrische Schnittwerkzeuge und vieles mehr kann man hier immer wieder aufladen, oder am Wirtschaftsfahrzeug, wenn es ein E-Fahrzeug mit bidirektioneller Lademöglichkeit ist (Strom speichern und abgeben). Und zu guter Letzt könnten auch die Wanderer von solchen Anlagen profitieren, gerade auch in den immer heißeren Sommern: „Mein Traum sind eine Art Solar-Sonneninseln, gekoppelt mit Biodiversitätsmaßnahmen für eine vielfältige Kulturlandschaft“, schwärmt Prof. Kammann: „Man könnte damit auch Rastpunkte für den Tourismus anlegen!“ Bänke und Tische, die bei den Modulen stehen, ein Kühlschrank, aus dem sich die Wanderer mit einer kalten Traubensaftschorle versorgen können, während sie ihre Handys und E-Bikes aufladen: „So hätte einfach jeder etwas davon, die Winzer wie auch die Gesellschaft und die Natur!“

    Hier in Geisenheim wird man herausfinden, ob die innovative Kombination aus Sonne und Wein funktionieren wird und welche Vorteile sie sowohl für die Umwelt als auch für die Weinindustrie mit sich bringt. Zu wünschen wäre es uns allen.

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