Gemeinsam den Krebs bekämpfen - 2

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    © Oliver Zarski
    Technische Hochschule Mittelhessen Gemeinsam den Krebs bekämpfen

    Diese liegen hinter 4,5 Meter dicken Betonwänden, die gelb gefliest sind. Dort hat ein computergesteuerter Roboter den Patienten schon millimetergenau in die richtige Position gebracht – auf Grundlage digitaler Aufnahmen der betroffenen Körperregion. Der Patient wurde dafür im Vorfeld auf einer Liege positioniert, der Kopf, sofern hier der Tumor sitzt, ist mit einer individuell gefertigten Maske fixiert, die eher an den Fechtsport erinnert. Ein permanentes Brummgeräusch bestimmt den Raum, der über eine Sprechanlage mit dem Kontrollzentrum verbunden ist. Auf ihren vielen Monitoren kontrollieren die Ärzte mit Hilfe der Medizinisch-Technischen Radiologieassistenten (MTRA) noch einmal die Einstellungen, ehe der Strahl in mehreren Etappen auf den Tumor geschossen wird.

    Tumor bestrahlen, umliegendes Gewebe schonen
    Der große Vorteil der beiden neuen Verfahren: Protonen und Schwerionen ermöglichen eine sogenannte Bragg-Peak-Bestrahlung – benannt nach William Henry Bragg, einem englischen Nobelpreisträger für Physik. „Protonen und Ionen haben eine größere Reichweite als die Photonen aus der Standardtherapie“, erläutert Zink. „Je nach Geschwindigkeit beziehungsweise Energie können die Ionen bis zu 30 Zentimeter ins Gewebe eindringen und damit auch tief liegende Tumore erreichen.“ Außerdem geben die Strahlen fast ihre gesamte kinetische Energie erst im Zielbereich ab, also genau im Tumor. Dahinter fällt die Bestrahlungsdosis praktisch auf null. Und da Ionenstrahlen so genau treffen und gesundes Gewebe ausgespart bleibt, fallen die Nebenwirkungen wesentlich geringer aus. „Das ist besonders für Kinder und Jugendliche ein entscheidender Vorteil, weshalb hier die Schwerionenbehandlung schon Standard ist“, sagt Engenhart-Cabillic. „Oder wir können bei erwachsenen Patienten die Strahlendosis im Vergleich zur konventionellen Bestrahlung deutlich erhöhen – mit entsprechend besseren Heilungschancen.“ Im ersten Jahr wurden 170 Patienten behandelt, für 2017 hoffen die Verantwortlichen auf 300 Patienten.

    Bisher wird die Therapie vor allem bei sehr speziellen Krebsarten angewandt – zum Beispiel bei Tumoren im Hirn, der Schädelbasis oder auch Bauchspeicheldrüse, aber auch bei Sarkomen und Prostata-Karzinomen. Parallel dazu laufen am MIT vielfältige Studien in Kooperation mit Heidelberg zu weiteren Indikationen. Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Therapie nicht-kleinzelliger Lungentumoren, denn im Gegensatz zu den meisten anderen Tumor-Arten handelt es sich hierbei aufgrund der Atmung um einen beweglichen Tumor. Vier kompetente Partner sind bei diesem interdisziplinären Projekt beteiligt. Neben der Klinik für Strahlentherapie des Universitätsklinikums Marburg unter der Leitung von Prof. Rita Engenhart-Cabillic und den Experten von der THM unter Leitung von Prof. Klemens Zink, gehören noch die Gruppe von Prof. Marcus Bleicher des Frankfurt Institute of Advanced Studies (FIAS) sowie die Arbeitsgemeinschaft von Dr. Christian Graeff der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt (GSI) dazu. Am GSI erfolgte in den 90ern auch erstmals die Nutzung der Kohlenstoffionen in Deutschland, die Experten konzipierten zudem den Prototyp der Marburger Anlage.

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