Mobilitätsdesign - Gut bedeutet unsichtbar - 1

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Die 25-jährige Diplomdesignerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am OIMD  und im Lehrgebiet  Urban Design an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main
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Julian ist in den letzten Zügen seiner Promotion. Sein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Weg vom Stadtniveau hinunter in die S-Bahn.
    © Steffen Böttcher
    Hochschule für Gestaltung Offenbach Mobilitätsdesign - Gut bedeutet unsichtbar

    Aber ist das nicht genau das Gegenteil von Design? Schließlich denkt man bei Design doch zuerst an wohlgeformte Gegenstände, die dem Auge schmeicheln, an futuristisch eingerichtete Innenräume oder stromlinienförmige, schnelle Autos. “Bewegt man sich einmal aufmerksam durch den städtischen Raum, dann merkt man plötzlich, was mit diesem Satz gemeint ist.” erklärt uns Annika Storch: „Wenn ich gar nicht erst suchen muss, wo der Ausgang einer S- oder U-Bahn-Station ist, dann liegt das daran, dass mich das Design so gut lenkt.“ Wenn uns das Design auffällt, dann meistens deshalb, weil etwas nicht stimmt. Die 25-jährige Diplomdesignerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am OIMD  und im Lehrgebiet  Urban Design an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main und weiß, wovon sie spricht. Sie interessiert vor allem, wie man den öffentlichen Personennahverkehr zukunftsfähiger und zugänglicher gestalten kann.

    Gerade in Zeiten des Klimawandels, der Ölkrise und der von Autos überfüllten Innenstädte, ist das eine drängende Frage. Der Fokus der Forschung am OIMD liegt auf der Gestaltung von Prozessen in Mobilitätsräumen. Konkret: Wie komme ich von meiner Haustür zum Flughafen, ohne mich dabei in einem unübersichtlichen Bahnnetz zu verlaufen? Und wie komme ich von der Straße an das richtige S-Bahn-Gleis? „Wir haben uns auf den kommunalen Nahverkehr spezialisiert“, erklärt Julian Schwarze. „Die Bahn denkt ja immer von ihren Bahnhöfen her in die Stadt. Und wir denken ebenso von der Stadt in die Bahnhöfe.“ Julian ist in den letzten Zügen seiner Promotion. Sein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Weg vom Stadtniveau hinunter in die S-Bahn. Dafür hat er ein sogenanntes „Shadowing“ betrieben: Er ist Leuten unbemerkt gefolgt und hat ihr Verhalten beobachtet und analysiert – Kurzzeit-Stalking im Namen der Wissenschaft. „Das war zeitweise schon ein bisschen creepy“, lacht er. Aber die Ergebnisse sind wertvoll. Denn seine Beobachtung hat viel Aufschluss über deren Verhalten im Raum S-Bahn-Station gegeben, und auch darüber, was dort verbessert werden kann.

    „Wenn Menschen zum Beispiel am Bahnsteig telefonieren, weichen sie Menschenmengen aus und suchen ruhige Plätze. Das weist darauf hin, dass die Nutzung von Mobilgeräten eine andere Aufteilung öffentlicher Räume erfordert. Die architektonische Planung von Bahnhöfen geht ja oft weit in die Zeit vor die Erfindung der mobilen Telekommunikation zurück. Damals konnte man solche Verhaltensweisen bei der Planung natürlich nicht berücksichtigen.“, beschreibt Julian ein Beispiel. “Bei meinen Untersuchungen konnte ich auch beobachten, dass Menschen auf dem Weg in die S-Bahn Station ihren Schritt beschleunigen, wenn sie das Einfahren einer S-Bahn hören.” Aus solchen Beobachtungen lassen sich ganz praktische Rückschlüsse ziehen: „Würde man bereits am oberen Eingang der S-Bahn-Station einen Hinweis geben, welche Bahnen gerade ankommen und abfahren, ließe sich der Besucherverkehr wesentlich besser lenken und viel Hektik aus dem öffentlichen Raum nehmen.“ Eigentlich völlig logisch, aber erst durch so eine Untersuchung kann diese Erkenntnis wirklich quantifiziert werden.

    Annika gibt ein weiteres Beispiel: „Warum halten sich viele Leute oft geballt so nah am Gleis auf, wo sie später eigentlich Abstand beim Einfahren des Zuges halten müssen?“ Bei ihrer Untersuchung der S-Bahn Station Hauptwache in Frankfurt fand sie heraus, dass es am Gleis heller ist und sich die Menschen ungern im Dunkeln aufhalten. All das schafft Hindernisse: „So wie die Architektur dort konzipiert ist, leitet sie die Menschen nicht!“ Doch mit den Analysen im Studium im Lehrgebiet Integrierendes Design können solche Problembereiche nun konkret benannt und angegangen werden, zum Beispiel, indem die dunklen Bereiche mit reaktiven Lichtern beleuchtet werden, die die Menschen bei Einfahrt des Zuges zum Bahnsteig lenken. Mit solchen Ideen würde man den öffentlichen Nahverkehr wesentlich attraktiver machen. Dabei müsste oft noch nicht mal viel Geld in die Hand genommen werden. Und wir haben gelernt: in unsichtbarem Design steckt eine Menge Potenzial.

    Darum studier' ich in Hessen

    Also ich könnte mir nichr vorstellen woanders zu studieren, weil das hier in Offenbach total locker und frei ist. Man lernt immer neue coole und kreative Leute kennen und irgendwie ist es auch immer ganz witzig hier.

    Patrick Patrick Hochschule für Gestaltung Offenbach Hochschule besuchen
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