Experimentierfreude im Getränkelabor - 1

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Entwicklung und sensorische Optimierung eines polyphenolreichen Fruchtsaftgetränks für die Zielgruppe Hobbysportler.
    © Steffen Böttcher
    Hochschule Geisenheim University Experimentierfreude im Getränkelabor

    Es kann ein kleines Kunstwerk sein, bei dem verschiedene Aromen und Zutaten kombiniert werden, um ein einzigartiges Geschmackserlebnis zu schaffen. Es kann eine Geschichte sein, bei der jedes Element eine Bedeutung hat und ein Geheimnis enthüllt, das nur durch das Genießen des Getränks offenbart wird. Und: Es kann Sportlern helfen, sich zu regenerieren, oder ihnen Energie geben.

    Das große Sortiment der am Markt befindlichen Getränke unterliegt einem steten Wandel. Zwar gibt es Getränke-Evergreens, die über Jahrzehnte nichts an Akzeptanz und Nachfrage einbüßen, doch schon der Blick auf die seit einigen Jahren immer größer werdende Fangemeinde von Milchersatz-Getränken zeigt, dass der Markt immer offen ist für Neues.
    Hier am Institut für Getränkeforschung der Hochschule Geisenheim möchte man Getränke nicht nur entwickeln, um sie sicherer und gesünder zu machen, sondern in Zusammenarbeit mit verschiedenen Getränkeherstellern auch marktfähig, bestätigt Prof. Dr. Ralf Schweiggert. Er ist Leiter des Instituts für Getränkeforschung an der Hochschule Geisenheim und arbeitet an der physikalisch-chemischen Charakterisierung alkoholfreier und alkoholischer Getränke und ihrer Herstellungsweisen. „Marktfähig” heißt, dass das Getränk nicht nur den strengen europäischen Getränkeverordnungen gerecht wird, sondern auch den Eigenschaften und dem Bedarf bestimmter Zielgruppen. Um das Ganze besser zu verstehen, machen wir uns heute mit ihm zusammen auf den Weg zu einer seiner Studentinnen. Sina Quenzer ist Studentin der Lebensmittelsicherheit an der Hochschule Geisenheim und entwickelt in Zusammenarbeit mit Eckes-Granini, einem großen und namhaften Getränkehersteller aus der Region, ein funktionales Getränk für den Sport. „Mein Thema ist die Entwicklung und sensorische Optimierung eines polyphenolreichen Fruchtsaftgetränks für die Zielgruppe Hobbysportler.“ Sie lacht, als sie unsere ratlosen Gesichter sieht, und erklärt: „Es gibt Pflanzenstoffe, die Sportlern nach der Anstrengung dabei helfen, sich zu regenerieren.“ Dazu gehören vor allem die sogenannten Antioxidantien, die dem Körper dabei helfen, den sogenannten oxidativen Stress bei hoher Aktivität zu reduzieren. Oxidativer Stress tritt im Körper unter anderem beim Sport verstärkt auf, da hier besonders viel Sauerstoff (engl. „oxygen”) in den Körper gepumpt wird und dort neben der Verwendung zur Energiegewinnung auch kleinere kollaterale Schäden an Zellen oder anderen Biomolekülen anrichtet. Dieser Prozess wird oxidativer Stress genannt und kann durch pflanzliche Kost gelindert werden, wenn diese reich an Antioxidantien wie den sogenannten Polyphenolen ist.

    Leider schmecken diese polyphenolhaltigen Früchte oft adstringierend – es zieht sich einem beim Trinken der ganze Mund zusammen und ein pelziges Gefühl macht sich breit. „Deshalb habe ich das Getränk sensorisch optimiert”, erzählt sie uns. Das Ergebnis: Es schmeckt und wirkt hoffentlich.

    Das Getränk entstand für Sinas Masterarbeit. Eckes-Granini, bekannt für seine zahlreichen und leckeren Fruchtsäfte und fruchthaltigen Getränke, möchte Sinas Forschung unterstützen. „Getränke mit Gesundheitsfunktion sind ein großes Thema bei uns“, bestätigt Dr. Volker Herdegen. Der promovierte Lebensmitteltechnologe arbeitet seit dem Jahr 2000 für Eckes-Granini und beobachtet sowohl die aktuelle Forschung als auch den Markt genau. „Der Trend geht hin, zu weniger Zucker, weniger Zutaten und funktionalen Inhaltsstoffen.“ Damit beschreibt er im Grunde Sinas Projekt. Denn die Rohstoffe, die sie für ihr funktionales Getränk für den Sport verwendet, sind rein natürlich. „Um die antioxidative Wirkung der in den Früchten enthaltenen Polyphenole nachzuweisen, dürfen die Getränke keine anderen antioxidativen Inhaltsstoffe wie zum Beispiel Vitamin C enthalten“, betont Prof. Schweiggert.

    Es galt nun also, Früchte zu finden, die viel antioxidative Polyphenole enthalten, und sie mit Früchten zu mischen, die gut schmecken. Und so studierte Sina zuerst die entsprechende Forschungsliteratur und mischte dann Aronia mit roter Traube und Maracuja, um eine optimale Mischung aus Wirksamkeit und gutem Geschmack zu erhalten. Die Verkostungen waren bislang sehr positiv, und wer weiß, vielleicht steht Sinas Saft bald mit dem Label von Eckes-Granini in den Supermarktregalen?

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