Der Weltraum hinter Plexiglas - 1

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    © Oliver Zarski
    Technische Hochschule Mittelhessen Der Weltraum hinter Plexiglas

    Arbeitsgruppe Raumfahrtelektronik an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM)

    1459 Satelliten befanden sich Ende 2016 im Weltraum. Tendenz steigend. Und eines ist sicher: Ohne sie würde unser Alltag völlig anders aussehen. Denn sie ermöglichen es uns erst im großen Maßstab, fernzusehen, im Internet zu surfen oder uns sicher ans Ziel zu navigieren. Hinzu kommen viele Aufgaben für Wissenschaft, Wirtschaft und Militär. Rund 100 Millionen Euro sind nötig, um einen Satelliten vom Erdboden in die Umlaufbahn zu bringen. Der Satellit selbst kostet ebenfalls nochmal mindestens 100 Millionen Euro, spezielle Modelle, zum Beispiel für Forschungsaufgaben, können sogar mit 300 Millionen Euro zu Buche schlagen. Eine Branche also mit großem Interesse an Innovationen und in der man als Forscher mit guten Ideen große Sprünge machen kann. Das hoffen auch die Mitglieder der AG Raumfahrtelektronik an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM). „Wir entwickeln hier Software, Elektronik und Regelverfahren für die Raumfahrt“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Uwe Probst vom Fachbereich Elektro- und Informationstechnik.

    Im Zentrum stehen dabei elektrische Triebwerke, um Satelliten zunächst in ihre Umlaufbahnen zu bringen und sie im Orbit auf der Bahn zu halten oder entsprechende Manöver durchzuführen. Bisher dominierte hierbei der chemische Antrieb. Doch seit rund zehn Jahren macht die elektrische Variante an Boden gut. Vor allem seit 2012 hat das Geschäft an Schwung gewonnen, als Boeing verkündete, nur noch auf die elektrischen Triebwerke zu setzen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie sind deutlich verschleißärmer und schaffen eine bis zu zehnmal höhere Austrittsgeschwindigkeit des Treibstoffs. Zudem benötigen sie nur etwa zehn Prozent der Treibstoffmenge. „Je weniger Treibstoffmasse der Hersteller mitnehmen muss, desto mehr Nutzlast kann er transportieren – und damit verdient man das Geld“, erklärt Andreas Reeh. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und seit kurzem Nachwuchskoordinator der AG. Somit können inzwischen selbst kleinere (und damit günstigere) Raketen zwei statt nur einen Satelliten ins All bringen. „Außerdem lassen sich bei unserem Triebwerk die Schübe sehr gut und präzise regeln.“

    Große Anforderungen an die Technik
    Klare Sache also für die elektrische Variante. Sollte man meinen. Doch bis zum Durchbruch dauerte es rund 50 Jahre: Bereits seit den 1960er Jahren setzten Forscher am I. Physikalischen Institut der Justus Liebig-Universität (JLU) auf die Entwicklung dieser Triebwerke, genauer gesagt auf Radiofrequenz-Ionentriebwerke (RIT). Woran lag die lange Durststrecke also? „Raumfahrt als kommerzielles Geschäft ist sehr konservativ“, so Andreas Reeh. „Aufgrund der hohen Kosten will erstmal niemand das Risiko mit neuen Methoden eingehen.“ Zumal im Weltall nochmal andere Qualitätsansprüche an die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer vorherrschen als am Boden. Und die lassen sich auf der Erde nur mit großem Aufwand testen.

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